Espuma-de-Mar's Memoiren

Mein Realname, seine Bedeutung und die mutmaßlichen Eigenschaften  der Namensträgerin, beschrieben auf einer Grusskarte:

Hätte ich DAS alles mal vorher gewusst ! Dann wäre die Seite wohl eher zu dem Namen "ESTRELLAdeMar" (Meerstern) anstatt "ESPUMAdeMar" (Meerschaum) gekommen. Aber da 1-2 Punkte der Beschreibung den Tatsachen nicht so ganz nahe kommen (vor allem in Sachen "Anpassungsfähigkeit", belasse ich es doch lieber beim turbulenten "schäumen", da mein Ego bei einigen Punkten der Beschreibung streckenweise an erheblichen Ausfallerscheinungen leidet. In Boppard  wurde der "Stern" in die terrestrische Oberflächen-Umlaufbahn geschossen.



Natürlich lebten auch  vor 13.000 Jahre schon Menschen hier (Federmesserkultur zur Zeit des Laacher See-Vulkanausbruchs) was sich in den lokalen Ausgrabungen und durch die Hügelgräber in der Umgebung dokumentiert. Wesentlich ältere Funden in der Eifel und auf den Moselhöhen dokumentieren die Anwesenheit von Neandertaler und Homo errectus  in der Region.

Als die Römer um 330-360 Boppard zum Kastell ausbauten, um den Limes zu schützen, wurde Boppard so richtig in die Geschichtsschreibung gehoben. Die Legionäre hinterliessen sowohl die Reste ihrer Gutshöfe und Kastelle, als auch ihre genetischen Mitbringsel in Boppard und überall zwischen Trier, Koblenz und Mainz. Daher stammt wohl auch die sprichwörtlich südliche Lebensfreude der Rheinländer? Der Band "Tuff und Toga" meiner Rheinland-Saga-Buchserie erzählt über diese Zeit.

Die Hippocaustenanlage der römischen Thermen, eine der best erhaltenen, die in den 1960ern unter dem Bopparder Marktplatz, im Zuge der Sanierung der spätromanischen Pfarrkirche (und der Neuverlegung der Stadtkanalisation), ausgegraben wurden, kann man leider nicht mehr besichtigen, da man sie wieder komplett zugeschüttet hat. Wenigstens habe ich sie als Kind bestaunen dürfen. 
Eigentlich dumm gelaufen..., die Thermen wären heute eine DER kulturellen Touristenattraktionen, wenn man sie sichtbar konserviert hätte und bestimmt spektakulärer, als die Reste der römischen und mittelalterlichen Stadtmauern. Sogar viel anschaulicher, als das neu eröffnete Thermenmuseum in Xanten, wo man praktisch nur noch die Fundament-UNTERseite der Thermen besichtigen kann. In Boppard liegt da noch etwa ein Meter hoch Thermengebäude unter dem Pflaster.

           
  
    
 

 
Die ersten Ahnenfotos der Familie stammen aus den späten 1920er- und frühen 30er-Jahren, als die Foto- technik es auch für Normalverdiener möglich machte, seine Sprösslinge ablichten zu lassen.



Mein Vater als "Prinz auf Bärenfell"  und Mutter im damals noch familien-eigenen Weinberg im Bopparder Hamm oberhalb des heutigen Campingplatzes.


Meine Mutter als 17jährige und mein Vater
als Jüngling mit lockigem Haar.
Leider lebenbeide nicht mehr.

Einige Fotos wurden zur Zeit des 2. Weltkrieges geschossen, als sich Grossvater mütterlicherseits und Grossvater väterlicherseits, vor dem Abmarsch an die Front, in Uniform ablichten liessen.

Während die Grossväter an den jeweiligen Fronten kämpften (Bilder gibt's aus den Frontzeiten von friedlichen Momenten an Ostern 1941 und zeitlich nicht feststellbar an anderen Frontabschnitten. 

Sogar mein Vater wurde 1945 noch mit 17 Jahren nach einem Notabitur an die Ostfront abkommandiert. Zu der Zeit machte schon keiner mehr heldenhafte Fotos vom Kanonenfutter auf zwei Beinen. Man hoffte nur noch, dass es heil wiederkam.


Die Familie liess zwischenzeitlich ein Foto schießen, das man dem Familienvater an die Front schickte, damit er sich erinnerte, wofür er kämpfte und wer zu Hause auf ihn wartete. Der Abwesende wurde links oben als leuchtende Geistererscheinung in das Bild eingeblendet.

Dass es aus den nachfolgenden gut 70 Jahren keine Fotos in Kampfuniform in den Familienbilderbüchern gibt, zeigt wohl, dass wir in Mitteleuropa das letzte halbe Jahrhundert in einer außerordentlich seltenen und langen Friedenszeit leben durften. Mit den Einsätzen der Bundeswehr weltweit wird sich auch dies wieder ändern.

Und ein späteres Foto von ca. 1958. 13 Jahre nach Kriegsende vermehrte sich die Weinandfamilie ganz ordentlich. Rechts aussen auf Papas (Johann Georg Krämer) Arm, das bin ich.
Ganz links Opa Amandus.
Auf dem Bild sind die Geschwister Katharinchen, Ria, Gerti, Friedel und Paul zu sehen und schon ein paar Vertreter der nächsten Generation, Karin, Gisela, Dieter und Rainer und ich.







Als die russische Kriegsgefangenschaft meines Vaters zu Ende war, die "schlechten Zeiten" nach der Währungsreform vorbei und der Wiederaufbau von Gebäuden und Existenz geschafft waren, trauten meine Eltern sich 1954, sich trauen zu lassen und begannen damit, an der Verwirklichung ihrer Erbgut-Mischung zu werkeln. Der lang ersehnte Stolz ihrer Eltern wurde 1957 auf den Thron gehoben.


Karmeliterkirche 1954, Trauung meiner Eltern

Mütterlichen Aussagen zu Folge, war ich ein sehr stilles, liebes und schüchternes Mädchen.


Echt niedliches Kind - und 1957 trug der
Nachwuchs auch noch Handgestricktes.


Man orientierte sich noch an Märchen, vergangenen
Moden und Trachten, statt an Musical- und Comic-Figuren.

Vor lauter elterlicher Begeisterung lichtete man das Kind in allen möglichen Situationen ab.
Diese alte Truhe im Hotel "Ebertor" war DER Karnevals-
Fotografier-Parkplatz für die
Kids, die zum "Funkenball" aufliefen.

Sie steckten mich zu Karneval in superkreative Kostüme, einfach niedlich.


.
An Feiertagen wurden meine Schwester und ich in niedliche hellblaue Rüschen- und Stickereikleidchen, sowie drückende Lackschuhe gesteckt.  Und Vorsicht.. bitte beim Spielen mit Schwester und Hühnern nicht schmutzig machen!
An Fronleichnam bitte eine christlich-nachwuchs-bräutliche Haltung bewahren. Die Niedersburger Nachbarschaft feierte zur Kirmes im "Heilig Grab". Das Hühnerhaus in der hinteren Ecke des "Heilig Grabes" gibt es schon lange nicht mehr.


Meine Schwester wurde nicht mehr so paparazzi-
mässig von den Eltern verfolgt, dehalb gibt es nur hin und wieder fotografische Beweise für ihre Existenz.

Der Kindergarten: Ich hasste sie aus tiefstem Herzen, die Ursulinen-Kuttenträgerinnen; sie zwangen einen immer genau das zu tun, was man als völlig sinnlos betrachtete und für hochgradigen Blödsinn hielt.
Zum Beispiel: an christlichen Feiertagen erbaulich Blockflöte vorspielen, mit dickem Pflaster auf dem linken Knie. Unter meinen Füssen sieht man die  weisse Markierungsfliese an der Stelle, wo der jeweilige Künstler jedes Jahr anzutreten hatte.

Und vor allem nicht rummotzen, sondern gefälligst lieblich und folgsam  sein. Meine Stimmung war nicht immer prächtig, man könnte sagen hin und wieder etwas getrübt.
Ich habe es nie akzeptiert, dass man an menschengemachten Prozessen nichts ändern könne. Das hat mein ganzes Leben dazu geführt, dass ich mit mich Kindergartennonnen, Nonnen vom Marienberg und diversen Vorgesetzten angelegt habe.

Der Inhalt der Butterbrottaschen wurde übrigens täglich kontrolliert und durfte natürlich nur in der Pause mit Starterlaubnis verzehrt werden.
Und diese Kleidung! Noch immer war nicht viel Geld vorhanden, Kleidung wurde noch aufgetragen und ich erinnere mich, dass die dunkelblauen Latz-Kleidchen unter den Schürzen von Kollmanns auf der Strickmaschine gestrickt worden waren.

Aber turnen machte Spass; die Haltungsnoten wurden mir nicht mitgeteilt.


Und das sind wir irgendwo um 1960/61 im kath. Kindergarten von Boppard: Mi, meine Schwester im Baumtunnel und ich.

Man beachte das schwarz-wollen-gestrickte Turnhöschen, das die Mädchen zur Wahrung der Sittlichkeit beim Toben tragen mussten. "Tante Renate", die damals unsere Kindergärtnerin war, lebt 2019 immer noch!


1962 oder 63 öffnete das Bopparder Freibad seine Tore.


Dieses Kapitel beschreibt das mal wieder totale Versagen einer kirchlich geführten Einrichtung. Für viele Kinder, die dort zur Erholung 4 Wochen verbringen mussten, war die Zeit eine Tortur. Für manche "psychologisch", andere haben wohl auch körperliche Übergriffe erfahren müssen.




Kinder"erholungsheim" der Caritas, Hirsau im Schwarzwald, Wildbaderstr. 20 - um 1962

Kaum war ich dem Kindergartenalter entronnen, beschlossen meine Eltern, meine spargelige Statur vor Schulbeginn etwas aufzupäppeln und schickten mich - völlig hilflos und des Schreibens und Lesens nicht mächtig - in ein Kindererholungsheim der Caritas in Hirsau im Schwarzwald. Wieder Nonnen.... ein einziges Drama der Kinderdressur.
Ich war sehr gross für mein Alter... (5-jährige haben gefälligst 15cm kleiner zu sein), ergo: Bett zu kurz eingeteilt und die Decke ebenso. Dafür durften 20 cm zu kurz geratene 10jährige in Riesenbetten nächtigen. Ich dagegen hatte keinen einzigen Zentimeter mehr Platz zwischen Kopf- und Fussteil des Bettes. Wurde auf mein dringliches Bitten hin (schliesslich war Winter und die Schlafzimmer nicht beheizt) während der 4 Wochen nicht geändert. Sowas hat mich als 5-Jährige schon auf die Barrikaden gebracht. Nur hat der Nonnenhaufen auf nichts reagiert.

Befehlsmässig wurde unter Aufsicht der Teller leer gegessen. Gleiche Portionen für 5- und 12-Jährige. Dass das Essen wegen zu grosser Menge hinterher wieder hoch kam, wurde mit einem Tag Tee und Hafergrütze bestraft. Danach wieder Vollfressen auf Befehl.

Bildchen von meiner Gruppe - muss so ca. im Frühjahr 1962 gewesen sein.

Die Telefonanrufe von und nach zu Hause wurden live überwacht, jede Anwandlung von Hilferufen abgewürgt. Eine abgesendete Postkarte... Die lebenslustig-positive Vorderseite gibt mitnichten die S.O.S-Signale der Rückseite wider. (Postkartentarif unfassbare 6 Pfennig im Winter 1961/62)

Auf die Toilette ging es auch wieder nur zu bestimmten Zeiten, nach Größe des Kindes in Schlange aufgestellt. Die, die wirklich mal mussten, wurden nicht vorgelassen.. und WEHE......! (Ob die Kirche wohl ein Problem mit normalen Körperfunktionen hat??? Das kannte ich doch schon aus dem Kindergarten?)
Die ausserordentlich un-lieblichen Nonnen schafften es auch dieses Mal, mir allerhöchste Zweifel an der nächstenliebenden Einstellung der Kirche zu vermitteln.

Die Kuttenträgerinnen schafften es auch, dass meine Mutter fast einen Anfall bekam, als sie nach 4 Wochen keinen Wonneproppen, sondern ein dürres, abgehärmtes Kind aus dem Zug steigen sah. An mein damaliges Lieblingsgericht (Spargel mit Pellkartoffeln), das mir zum Willkommen zu Hause serviert wurde, erinnere ich mich noch heute... und ich war in Zukunft niiee mehr ein dünnes Kind.

Mittlerweile habe ich schon von mehreren Menschen eine e-Mail bekommen, die Ähnliches - oder auch Schlimmeres - als ich in diesem ach so nächsten-liebenden Hause erlebt haben!

Mein frommer Wunsch aus tiefstem Herzen: Die Nonnen und die Betreuer der Jungs mögen in den tiefsten, heißesten und wüstesten Orten der Hölle schmoren, in vollem Bewusstsein ihres menschenverachtenden Verhaltens!

Und meine Einstellung zu Religionen und zur katholischen Kirche im Speziellen sah deshalb auch sehr früh  so aus, dass ich das alles für kompletten Humbug halte und als Instrument zur Gehirnwäsche und Manipulation des gemeinen Volkes betrachte.
Machterhaltung von Staat und Kirche ist da ja seit Jahrhunderten die oberste Zielsetzung.
Wer an etwas Höheres glauben möchte, kann dies auch völlig selbstständig tun, ohne sich von machtinteressierten Menschen vorschreiben zu lassen, WIE er das zu tun hat oder gar als Ketzer zu gelten, wenn er es etwas anders macht, als von den Institutionen als letzte Wahrheit verkauft wird.





Boppard wuchs in den 60er-Jahren; der Verkehr nahm zu und
schepperte und klapperte über die ehemalige, noch gepflasterte
und nur fleckenweise geteerte (Römerkastell)hauptstrasse
durch das Ortszentrum; immer schön knapp an Hintern und Ellbogen der Erwachsenen und auf Kopfhöhe der Kinder vorbei.


Diese Stelle der Hauptstrasse sieht heute ganz anders aus... kaum wiederzuerkennen als Fussgängerzone.


Hier kommen noch ein paar Fotos, zum Teil von der Bopparder Facebookgemeinde gespendet (oder aus meinem Familienfotofundus), die an die Orte erinnern, die wir als Kinder auf dem Schulweg passierten, die vor allem dem Bau der B9-Umgehung oder anderen Baumassnahmen zum Opfer fielen, oder andere historische Einblicke liefern.

Ein Bild vom Bopparder Verlag "Rheindruck" von ca. 1968-69 mit meinem Vater.




Und die Kegelbahn im "Posthorn" - meine Mutter ist grad dran.



Der nördlichste Bopparder Bahnsteig war der, der zur Flogt und Burdenstrasse führte - am nördlichen Ende der Bahnhofsbahnsteige gelegen. Heute sieht man Flogt-seitig nur noch die beiden Zufahrtsrampen.


Das Stellwerk/Bahnübergang am Südende der damaligen Bahnsteige. stand dort, wo heute die B9-Umgehung unter der Bahn durchgeht und der Pennymarkt-Gebäudekomplex errichtet wurde.

Der nächste Bahnübergang war der am Angert.

Von hier aus gesehen, ging es hinter der Bahnschranke die Kirchgasse runter. Rechts die Angertstr. und unter den Kastanien der Angert als Kinderspielplatz vor der evangelischen Christuskirche.
Darunter befand sich übrigens ein Kriegsbunker. Der machte den B9-Umgehungsbauern Schwierigkeiten, weil sie nichts von ihm wussten und ihre Bohrer und Grabungsgeräte nicht weiterkamen. Ein wissender Bopparder musste die Architekten erstmal über die Situation aufklären, da der Bunker nirgendwo papiermässig erfasst worden war.
Heute ist hier die Fussgängerunterführung Richtung Simmernerstr. unter Eisenbahn und B9-Umgehung.



Noch weiter südlich, der Bahnübergang vor dem Marienberg. Auch der ist mit dem Bau der B9-Umgehung abgerissen worden. Dieses Bild hier muss noch von vor dem Krieg sein. Die Strasse zum Marienberg hoch ist noch nicht asphaltiert und das Bahnwärterhäuschen auch noch nicht auf Stand der Technik der 50er/60-er-Jahre.


Boppard, von Oberstr. 107 aus auf die Burgstr. fotografiert, ca. 1963. Heute ist dort ein Eissalon. Und so sah die Oberstr. 107 in den späten 50er-Jahren aus.

Da war der Zigarettenladen noch links. Und am Haus noch ein Hinweis auf den Ostturmrest des römischen Kastells, der im Hinterhaus von Kadenbachs zu finden war. Später wanderten die Zigarren nach rechts und meine Mutter verkaufte links Mode- und Kurzwaren.

Das ist die Ecke, wo heute der Penny-Markt steht. Die Mauer im Vordergrund ist eine neuzeitliche Befestigung, die aber auch die Reste der dortigen nördlichen Römerkastellmauer sichert. Neben dem linken Bildrand hat man Nachweise der römischen Kastell-Toranlage gefunden.

Als Ausgleich waren die Wiesen und Wälder um Boppard herum ein einziger Abenteuerspielplatz zum Trauben-, Äpfel-, Birnen- Kirschen- und Johannisbeeren klauen, Schafe füttern, auf Bäume klettern, Blumen pflücken und Cowboy- und Indianer-spielen.

An Sonn- und Feiertagen wurde noch der Wanderausflug im Familien- und Bekanntenverbund als Action-Freizeit- Gestaltung gepflegt. Autos hatte noch fast keiner und Geld für Reisen erst recht nicht. Wir waren trotzdem.. oder deswegen? doch zufrieden.

In diesem damals noch eher schäbig aussehenden Fachwerkhaus wohnte das "Schnuckel-Elsje", das den jungen und alten Kindern mehrerer Bopparder Generationen stück- und pfennigsweise alle damals verfügbaren Süßigkeiten verkaufte; einzeln ausgesucht und in einem Papiertütchen überreicht.

Das gesamte Haribo-Sortiment gab´s damals noch als Einzelbonbon, genauso wie Mohrenköpfe (heutzutage politisch korrekt Schokoküsse genannt) "Gummimäuse", "Speck",  Veilchenpastillen oder  Pfefferminzekegel

Der Begriff "schnuckeln" beschreibt in meinen Heimatbreiten den lustvollen Verzehr von ernährungsphysiologisch völlig nutzlosen und meist extrem zuckerhaltigen Nahrungsmitteln.




















Da mussten die I-Dötze schon ganz schön rechnen, um zu ermitteln, wie der größte Kosten-Nutzungs-Effekt mit dem verfügbaren Taschengeld zu erreichen war und ob sich das Elsje nicht etwa verrechnet hatte. Das Elsje hatte eine Engelsgeduld, bis man sich endlich entschieden hatte.  Dem Schnuckel-Elsje hat man - vollkommen zu Recht, leider erst posthum - ein Denkmal  vor ihrem damaligen Laden gesetzt.



Ab in die Schule ! Ich wurde mit mit einer Schultüte bewaffnet, die den mageren Zeiten der 60er-Jahre trotzte und mit einem reichlichen Sortiment an Süßigkeiten gefüllt war. So was hatte ich noch nicht gesehen; eine wahre Sensation in diesen immer noch spartanischen Zeiten, in denen es nur an Weihnachten und Ostern abgezählte Süssigkeiten gab, die man sich übers Jahr einteilen musste.

Diese Tüte  beschäftigte  mich  monatelang mit  der schwierigen Entscheidung,  welche der  köstlichen  Kleinigkeiten ich  zuerst ins Jenseits  befördern sollte.


Der Fortpflanzungs-Nachholbedarf der elterlichen Nachkriegsgeneration sorgte für reichlich grosse Grundschulklassen.


Dies ist selbstverständlich nur der katholische und weibliche Teil des Jahrganges 1956/57 ...  mit Frau Tschenett als Klassenlehrerin; man lernte noch in geschlechtlich und konfessionell getrennten Klassen und pausierte auf getrennten Schulhöfen, damit nur niemand auf dumme ökumenische Gedanken kommen sollte. (Die Massnahmen haben aber in der nächsten Schülergeneration nicht mehr gegriffen und wurden auch alsbald verworfen).


Zwischendrin wurde diverse christlich-schamanistische Riten an mir vollzogen: Kommunion mit 9 Jahren... Jesus bevorzugt wohl sehr junge "Bräute" ? (So wie es sich in den letzten Jahren gezeigt hat, bevorzugten wohl eher die Ritenvollzieher selbst die ihnen zur theologischen Bildung oder Erziehung anvertrauten Jungs und Mädels).

Die Bedeutung des Kommunionsunterrichtes blieb mir immer verschlossen, genau so wie die theologischen Drahtseilakte des Katechismus in Vorbereitung auf die Konfirmation.  Die Glaubens"Logik" hatte zu viele Lücken - alles unwissenschaftlicher, irrealer Kram, der nur in sich selbst irgendwie logisch wurde, aber von außen betrachtet keiner Beweisführung standhielt. Mich interessierte mehr die Astronomie, Archäologie und Geologie. Dieses Interesse hatte mein Vater noch wecken können, bevor er viel zu früh abtreten musste.

Wenn ich heute in einer TV-Berichterstattung die Priester in ihren prächtigen Kleidchen den christlichen Ritenzirkus vollziehen sehe, kommt mir das alles ziemlich archaisch und eigenartig vor. Wieso meinen eigentlich die jeweiligen Gurus verschiedener Religionen, dass die jeweils eigene Glaubensvariante logischer, beweisbarer oder wahrer sei, als die andere?



Boppard, war damals als Schulstadt bekannt und bot (wie auch heute noch) vielfältige Bildungs-möglichkeiten. Ich sah mich gezwungen, einige auszuprobieren: 
5 Grundschuljahre (in 4 Kurzschuljahre gepresst), 3 Jahre Gymnasium, mit einer 8-fachen Überzahl an Jungs in der Klasse! Nach dem Tod meines Vaters, ein Wechsel zur Realschule Marienberg, mit Halb-Internat im Kloster und Erziehungs- und Hausaufgabenkontrolle bis 17:30 Uhr.

Das Bild sieht ein bisschen spooky aus. Aber - so vergammelt ist der Marienberg heute tatsächlich.
Schulbetrieb im Neubau. Die Klosterschule bestand nicht nur aus reinen Mädchenklassen mit angeschlossenem Internat, sondern wurde - zu meinem grossen Grauen - auch noch von den schon in der frühen Kindheit aufgetretenen Kuttenträgerinnen geleitet. VIER gruselige Jahre !



1968/69

Die Klosterschule bestand in Sachen Kleiderordnung auch zunächst auf angemessen längliche Röcke. Als allerdings die Miniröcke und Hot Pants jegliches züchtige Maß zu unterbieten anfingen und auch Jungs die Schule besuchen durften, ergab man sich gottergeben dem kleineren Übel. Zähneknirschend wurde den Mädchen das Hosentragen gestattet.

Jedenfalls.... dort sollten die jungen Mädchen also zu treudoof-glaubenden, unkritischen und gehorsam dienenden jungen Damen erzogen werden, was bei den meisten kräftig daneben ging und spätestens zu dieser Zeit bei mir eine tiefe lebenslange Allergie gegen jegliche Religionsvertreter auslöste. Mein Widerspruchsgeist wurde dort angefacht. Hier gings ums Überleben des eigenen Willens. Allerdings wurde ich schnell von zu Hause aus aufgefordert, "die Faust in der Tasche zu machen", da man mich sonst sehr schnell rauswerfen würde, vor allem, weil ich mit 14 schon auf die Idee kam, aus der Kirche austreten zu wollen. Selbstverständlich wollte ich nicht mehr an der Donnerstagsmorgens-Schulmesse teilnehmen. DEN Aufstand der Ursulinen kann man sich wohl vorstellen! Meine Mutter musste mit einer Kiste Apfelsinen als Bestechungsmaterial einen "Gang nach Canossa" antreten, damit man mich auf der Schule behielt. 

Schon vor Jahren wurde das Kloster aufgelöst - mangels Schwestern-Nachwuchs. Die Emanzipation hat Frauen halt den Weg zum eigenen Job und finanzieller Sicherheit auch ohne Ehemann geebnet und Frau muss nicht mehr ins Kloster gehen, um Hochzeit und/oder Nachwuchspflege zu entkommen. Und die kritischere Einstellung zum christlichen Glauben hat in den letzten 30 Jahren das ihrige dazu getan. Jedenfalls wechselte das Kloster mehrmals den Eigentümer und gammelt mittlerweile seit Jahrzehnten so vor sich hin. Immer mal wieder ist von "Investoren" die Rede, die das Gebäude einem neuen Verwendungszwecke zuführen wollen. Allerdings ist der riesige Kasten mittlerweile so verfallen, dass das ein sehr teures und schwieriges Unterfangen wird.




1972 Zu einem recht ansehnlichen Teenager herangewachsen (und immer mit grosser Brille ausgestattet), liess man mich auf die Menschheit los.  Achtung Welt, ich komme! Zunächst ging es in die Lehre als Industriekauffrau bei der BOMAG.

1974 Nach der Lehre Fachabi BWL in Koblenz... mit viel Schwänzen der langweiligen Fächer, insbesondere von BWL (wegen des sabbernden, spuckenden und Nadelstreifenanzüge tragenden affektierten Lehrers), irgendwie die Prüfung geschafft.
Die Nordsee.. meine erste Berührung mit Salzwasser, Ziel des Urlaubs meiner Mutter und später auch meine ersten Urlaubsziele.
Es lief es eigentlich alles ganz gut, bloss mein Schwarm - meine Teenagerliebe, wollte sich mir einfach nicht ergeben. Also sah ich mich unter dem Rest des männlichen und möglichst blonden Angebots um.
1974 ergab sich dort im Urlaub auch mein erster tiefergehender Kontakt mit dem anderen Geschlecht. Ein blonder Ostfriese, den ich in der Disco "Whisky a Gogo" in Esens kennenlernte. Die Hymne dazu: "This Flight Tonight" - Nazareth


Bald war ich mit einem Führerschein bewaffnet  (rückwärts am Bordstein längs einparken kann ich bis heute nicht richtig) und mischte ich mich 1978 unter die kraftfahrende Menschheit. Musste ich auch. Der Schichtdienst bei der damaligen Deutschen Bundespost verlangte dies. Von 1978 bis 1989 wurden auf knapp 500.000 Km, meist auf dem Weg zur Nordsee, zum Nürburgring und zur Arbeit, drei Renault 4, ein Käfer, ein R5 und ein R11 zerschlissen.

1979


So sah der Schwarm während seiner Glanzzeit aus; und ich habe mir fast nur seinetwegen ziemlich viele Rennen und Zuffis auf dem Nürburgring angesehen.
Bemerkenswert: Der Kofferraum eines R4s  gab einen optimalen Klangkörper für die in der Kofferraumabdeckung versenkten Bassboxen ab (galt damals als besonders trendy) und liess die Bodenbleche bis zu den Pedalen erbeben.  Dreck und Rost fielen von alleine ab. Das war auch dringend notwendig... wenn ich überlege, wohin ich mit diesen spartanisch ausgestatteten Vehikeln unterwegs gewesen bin. Kein Matsch war zu tief, kein Weg zu steinig und kein Hang im Nürburgringgelände zu steil.
Man beachte: am Nürburgring tauschte man schon damals gern die Lederstiefel mit den Gummistiefeln. Und man brachte alles mit, das man zwischen minus 5 Grad nachts und 30 Grad im Schatten am Wochenende brauchen konnte.



Die freizügigen Siebzigerjahre rockten durch das 20. Jahrhundert! Wer einen BH trug, der BRAUCHTE auch einen..., Michael Jackson half uns auf die Disco-Füsse (während sein Gesicht wundersame Wandlungen erfuhr), eine Disco-Formation nach der anderen jagte das Volk über die Tanzböden der Discotempel.Spiegeldrehkugeln, Lichtorgeln und künstlicher Nebel waren "in". An Aids musste noch niemand denken - es ging hauptsächlich um erfolgreiche Verhütung. 

Zum Abtanzen ging es in die "Spitze" in Höhr-Grenzhausen oder ins "Point" in Emmelshausen oder ganz einfach ins "Studio" oder diverse andere kleine Discotheken in der Nähe. Der Kiss-Song  " I was made for loving you " war meine Nationalhymne, "Lovemachine" von Supermax eines meiner Lieblings-Disco-Tanzstücke, zu "Gamma Ray" von Birth-Control headbangte ich am heftigsten und Genesis und Pink Floyd setzten die psychedelischen Synthesizer-chill-out-Akzente. Bevorzugter Absack-Titel: "Wish You Were Here". Ein Jahr lang war ich als D-Jane in einer kleineren Tanz-Kneipe, dem Bacchus-Keller, beschäftigt.

Zum spätnächtlichen Abhängen ging es dann ins "Atze". Dort wurden so ziemlich sämtliche Spirituosen der Welt (derer man während einer Siegesphase beim Chicago-Spielen kaum mengenmässig Herr oder Frau werden konnte) und musikalisch das Beste seit den Früh-Sechzigern serviert. Hier liess sich auch die Rollings-Stones-Fan-Clique regelmässig sehen, und wir feierten so einige Abende lang unter Absingen sämtlicher bekannteren Titel der mittlerweile wohl ältesten Band der Welt bis ins späte Morgengrauen grausam-grauenhaft-feuchte Thekenfeten.
Wie so was hin und wieder enden kann, beschreibe ich lieber (wenig jugendfrei) in meinem Buch, das ich als Schlussband meiner Rheinland-Saga über den Lebensstil der 70er zu veröffentlichen gedenke. Seid gewappnet *lach* !

Ende der 70er, Anfang der 80er kamen die ersten Aids-Fälle auf - und nun musste man sich überlegen, wie man damit umzugehen hatte. Außerdem kam die Neue deutsche Welle als Musikrichtung auf, was ich als Anschlag auf meinen Musikgeschmack und vor allem als praktisch untanzbar betrachtete.